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KINDEROSTEOPATHIE

Was unterscheidet die ärztliche Osteopathie beim Kind von Erwachsenen?
Kinder sind nicht einfach kleine Erwachsene. Je nach Alter befinden sich Kinder in unterschiedlichen Entwicklungsstufen. Alle Organsysteme, insbesondere das Gehirn reifen. In jeder dieser Reifungsphasen können verschiedene Funktionsstörungen auftreten, welche in der Regel durch die ärztlich osteopathische Behandlung behoben werden können. Im Unterschied zu Erwachsenen kommen bei der ärztlich osteopathischen Behandlung von Kindern überwiegend weiche Techniken zum Einsatz.

Neben der ärztlichen osteopathischen Weiterbildung mit Zertifikatsabschluss im Erwachsenenbereich, benötigt der osteopathische Arzt daher zur Behandlung von Kindern eine osteopathische Zusatzweiterbildung. Weitere Informationen zu unserem Kinderspezialisten Dr. med. Johannes Mayer D.O.M.  finden Sie hier.

Säuglinge (1. Lebensjahr)
Bei Säuglingen kann es bereits im Mutterleib oder in Folge der Geburt (extrem lange oder extrem kurze Geburtszeit, Anwendung der Saugglocke) zu vielfältigen funktionellen Störungen kommen. Nicht jede Geburt ist für jeden Säugling ein Trauma und viele Säuglinge überstehen auch komplizierte Geburten ohne funktionelle Störungen. Wichtig hierbei ist, zusammen mit der Hebamme und dem Kinderarzt, die weitere Entwicklung des Säuglings zu beobachten und gegebenenfalls einen osteopathischen Arzt zu Rate zu ziehen. Der Blickwinkel der ärztlichen Osteopathie ist auf den ganzen Säugling mit seiner individuellen Vielfalt an möglichen Störmustern gerichtet.

Studien durch Professorin Viola M. Frymann (1921-2016, zu Lebzeiten führende Vertreterin der Kinderosteopathie in den USA) zeigten, dass unmittelbar nach der Geburt von 100 Säuglingen 50 deutliche funktionelle Störungen aufwiesen. Nach 6 Wochen wiesen von den 50 Säuglingen nur noch 10 eine signifikante Funktionsstörung auf. Die wahrscheinlichste Erklärung hierfür ist, dass die Natur am Beginn des Lebens sehr viele Funktionsstörungen von selbst beheben kann. Funktionsstörungen, die nach 6 Wochen noch vorhanden sind, bleiben ohne eine osteopathische Behandlung häufig über Jahre bestehen und können die motorische und seelische Entwicklung des Kindes beeinträchtigen.

Säuglinge sollten daher zwischen der 6. und 10. Lebenswoche erstmals osteopathisch untersucht und gegebenenfalls behandelt werden. Ausnahmen sind Säuglinge mit schweren Geburtstraumen, die von Anfang an gravierende Störungen aufweisen (zum Beispiel asymmetrische Kopfform/Plagiozephalie oder schwere Saugstörungen).


Aus osteopathischer Sicht finden sich folgende Hinweise für eine komplizierte Geburt des Säuglings:

  • extrem kurze (bis 1 Stunde) oder sehr lange Geburt (über 15 Stunden)

  • Anwendung der Saugglocke oder Zange

  • Kaiserschnitt (geplant oder aufgrund Geburtsstillstand)

  • Schlüsselbeinbruch während der Geburt

  • Beckenendlage oder Schräglage, Armvorfall


Therapiedauer bei Säuglingen
Säuglinge mit signifikanten Funktionsstörungen werden in der Regel zweimal im Abstand von 4 bis 6 Wochen behandelt. Im Allgemeinen beginnt die erste Behandlung 6-10 Wochen nach der Geburt. Es kann eine „Erstverschlechterung“ für ca. 2-5 Tage eintreten. Nachhaltige Verbesserungen treten in der Regel nach einer Woche auf. In Sonderfällen, zum Beispiel bei schweren Deformierungen des Kopfes, können 3-5 Sitzungen notwendig sein.

Spezielle Krankheitsbilder bei Säuglingen
Das KISS-Syndrom ist die Abkürzung für Kopfgelenk induzierte Symmetrie Störungen. Das KISS-Syndrom ist eine rein deutsche Erfindung und dieser Ausdruck ist international nicht gebräuchlich. Die Verfechter des KISS-Syndroms behaupten, dass praktisch alle Störungen beim Säugling und Kleinkind von Störungen des Atlas, also des ersten Halswirbels, ausgehen. Aus osteopathischer Sicht ist zwar der Atlas sehr häufig eine Ursache für funktionelle Störungen bei Säuglingen, aber bei weitem nicht die einzige.

Das Tonus-Asymmetrie-Syndrom (Schräglage-Syndrom) ist die internationale Bezeichnung für funktionelle Störungen bei Säuglingen, die sich in einer unterschiedlichen Spannung der Gewebe im Säugling ausdrücken. Neben den oben genannten Störungen des Atlas finden wir bei Säuglingen ganz häufig Störungen im Becken, Brustkorb, Bauchraum und vor allem im Bereich der noch weichen Schädelknochen und an den Membranen im Schädel.

Kleinkinder (ab 2. Lebensjahr), Kinder (ab 6. Lebensjahr)
Bei Kleinkindern und Kindern finden sich häufig funktionelle Störungen als Ursache oder Teilursache für Krankheitsbilder. Durch eine ärztliche osteopathische Untersuchung kann evaluiert werden, ob derartige Funktionsstörungen vorliegen. Funktionsstörungen sind häufig eine Folge von Stürzen. Diese treten aber auch bei Wachstumsschüben auf.

Anwendungsgebiete

  • Koordinationsstörungen in der Grobmotorik oder Feinmotorik

  • Gangstörungen, vor allem „Einwärtsgang“, Stolpern über die eigenen Beine

  • Verkrümmungen der Wirbelsäule oder des Brustkorbes

  • Motorische Entwicklungsverzögerungen

  • Verhaltensauffälligkeiten

  • Störungen aus dem Autismus-Formenkreis

  • Verzögerte Sprachentwicklung

  • Sogenannte „zappelige Kinder“, ADS = Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom

  • Chronische Kopfschmerzen, Migräne

  • Ungeklärte Bauchschmerzen

  • Bettnässen

  • Hartnäckige Schlafstörungen

  • Verdauungsstörungen (Verstopfung)

  • Ungeklärte Schmerzen an den Beinen oder Armen

Aus rechtlichen Gründen wird darauf hingewiesen, dass in der Benennung der beispielhaft aufgeführten Anwendungsgebiete selbstverständlich kein Heilversprechen oder die Garantie einer Linderung oder Verbesserung aufgeführter Krankheitszustände liegen kann. Für den Bereich der Wirbelsäule, z.B. beim chronischen Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, geht die Bundesärztekammer in der Regel von einer Wirksamkeit osteopathischer Behandlungen aus (Deutsches Ärzteblatt 2009, Seite 2325 ff.). Im Übrigen gibt es bislang keine Studien, die in wissenschaftlicher Hinsicht die Wirkungsweise der ärztlichen Osteopathie/Osteopathischen Medizin bei den oben aufgeführten Krankheitsbildern nachweisen. Weitere Informationen finden Sie unter www.bdoae.de.

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